Montag, 29. Juni 2015

“Na, wie fanden Sie es?”

Der Tag begann für mich, Julien, 19 Jahre, dem Jüngsten der Truppe, mit dem Klingeln des Weckers um 06:00 Uhr. Alles wie gewohnt. Eine Tasse Kaffee, ein schnelles Frühstück und dann ab zum Flugplatz.
Dort angekommen sah ich an der Tür zum Briefingraum ein Schild mit der Aufschrift: “Bitte nicht stören. Prüfung!“



Die Prüfung zur Privatpilotenlizenz (PPL-A)

Es war soweit. Der Tag, auf den wir uns in 41 Flugstunden vorbereitet hatten, war gekommen.
Als ich nun zum Flight-Planning ging (der Raum, in dem der Flug vorbereitet wird), erinnerte ich mich an die ersten Schritte: von der Taxi-Instruction, in der wir das exakte Rollen erlernten, über die Emergencies, in denen Notfälle simuliert und trainiert wurden, der erste Soloflug, bei dem wir plötzlich ohne “Stützräder” (aka Fluglehrer) fliegen mussten, bis hin zum 150 NM Dreieck. Alles führte zu diesem Tag.

Doch um überhaupt zur Prüfung antreten zu dürfen, mussten wir zwei Tage zuvor einen Checkflug absolvieren:
An diesem Tag erwartete uns eine simulierte Prüfungsatmosphäre an der Flightbase. Der Fluglehrer wurde kurzerhand zum Prüfer und löcherte mich nun noch mehr als üblich mit Fragen zum Flug, zum Flugzeug an sich, zu den Lufträumen und vielem mehr. Dann stieg ich ins Flugzeug und startete auf der Startbahn 07 in Richtung Stadtlohn, nördlich des Ruhrgebiets an der niederländischen Grenze. Als ich anschließend nach gut einer Stunde und dreißig Minuten zurück in Essen den Motor an der Parkposition abstellte und ausstieg, ging mir natürlich durch den Kopf, ob der Flug die Erwartungen erfüllt hatte und ich das Okay vom “Checker” bekommen sollte. Wir gingen zum Debriefing, in dem der gesamte Flug noch einmal durchgesprochen wurde, - und zu guter Letzt reichte ich meinem Checker die sogenannte “Lesson Card”, ein Bewertungsdokument mit dem Inhalt der Flugstunde und einem Feld zur “Benotung”. Freudestrahlend setzte er seine Unterschrift unter das Dokument mit dem Zusatz: “Check preparation passed. Ready for check.”
Es konnte also losgehen. In zwei Tagen war Prüfung.

Ich erhielt die Einladung zur Prüfung und die zu planende Strecke: Von Essen (EDLE) nach Marl (EDLM), weiter nach Stadtlohn (EDLS) und über Dinslaken (EDLD) zurück nach Essen.
Am folgenden Tag war dann lernen angesagt: Ich wiederholte Daten zum Flugzeug, Luftrecht und alle sonstigen Dinge, die für die mündliche Prüfung in Frage kommen könnten.

Womit wir beim Tag der Prüfung wären. Er begann mit der Flugplanung, welche die Streckenplanung, Masse- und Schwerpunktberechnung, die Ermittlung der Start- und Landestrecke sowie die Kraftstoffberechnung beinhaltet. Nachdem der Papierkram erledigt war, ging ich zum Flugzeug. Ich checkte es wie vor jedem Flug auf seine Funktionstüchtigkeit sowie Beschädigungen und betankte es gemäß meiner Kraftstoffberechnung.
Anschließend machte ich mich mit einem Stapel Flugunterlagen auf den Weg zum Briefingraum.
Mein Prüfer begrüßte mich mit einem freundlichen Lächeln und wir begannen nach erneutem „Papierkrieg“ mit der Prüfung. Ich stellte ihm die geplante Route vor, erläuterte ihm meine Berechnungen und setzte ihn über das Wetter und die Flugbeschränkungsgebiete in Kenntnis.
Nachdem er nun von unserem Vorhaben wusste, fuhr er mit der mündlichen Prüfung fort. Genau wie zwei Tage zuvor, stellte er mir Fragen zum Flugzeug, zum Flug und vielem mehr. Nachdem ich dies alles souverän gemeistert hatte, gingen wir zum Flugzeug und stiegen ein. Ich startete den Motor und wir rollten zur Startbahn 25. Alles lief rund und nach dem Ausspruch “Take-off”, schob ich den Schubhebel nach vorne und startete.
Als wir uns mit ca. 55kt (100km/h) vom Boden lösten, zog der Prüfer auch gleich schon wieder den Schubhebel zurück, um einen Motorausfall zu simulieren und zu überprüfen, ob ich auch korrekt auf die Situation reagiere.



Während des Fluges wurden einige Disziplinen wie Funknavigation, Emergencies und natürlich die Navigation nach Sicht abgeprüft. Da wir exzellent darauf vorbereitet wurden, konnte mich nichts davon vor echte Schwierigkeiten stellen, sodass auch der Prüfungsflug pünktlich nach einer Stunde und dreißig Minuten beendet war.



Nach einer butterweichen Landung rollten wir zurück zur Parkposition. Währenddessen stellte der Prüfer die berühmte Frage: “Na? Wie fanden Sie es?” Ich antwortete selbstsicher: “Ich fand es gut”.
Er nickte nur, wollte natürlich noch nichts preisgeben, denn die Prüfung war ja noch nicht beendet.

Angekommen, stellte ich den Motor ab und las die “Parking Checklist”. Als ich nach rechts schaute, sah ich einen lächelnden Prüfer, der mir seine Hand hinstreckte und sagte: “Herzlichen Glückwunsch!” Ich strahlte über beide Ohren; es war geschafft.

Alle 15 Teilnehmer (zwei von uns 17 verfügten bereits über die benötigte PPL-A Lizenz) bestanden im ersten Anlauf! Nun geht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge wieder zurück in die Theorie. Wir befassen uns jedoch ab jetzt nicht mehr mit Kleinflugzeugen, sondern mit den ganz Großen. Die MPL-Theorie (Multi-Crew Pilot Licence – Berufspilotenlizenz) ruft.
Klar war der fliegerische Teil schöner und spannender, denn auf das praktische Fliegen arbeiten wir alle hin, aber die Theorie bringt uns neue, faszinierende Kenntnisse und bereitet uns auf die darauf folgende zweite fliegerische Phase und die Arbeit im Cockpit eines Condor Flugzeugs vor. Der nächste Schritt in Richtung Traumjob beginnt!

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